Stadtarchiv Kerpen S. Harke-Schmidt Jahnplatz 1 50171 Kerpen Kerpen, 16.10.96 Akten des Kerpener Gerichts, 16. bis 19. Jahrhundert (Vgl. auch: F. Eymelt/J. Krings: Akten des Kerpener Gerichts aus dem 17. Jhd., Bd. 2 der Beiträge zur Kerpener Geschichte und Heimatkunde, Kerpen 1981) Der im Stadtarchiv Kerpen vorhandene Gerichtsaktenbestand besteht aus zwei Teilbeständen, die einerseits im alten Kerpener Rathaus und andererseits im Pfarrarchiv St. Martinus überliefert wurden. Beide Teilbestände - der Gesamtumfang beträgt etwa 5 lfdm - befinden sich unter den Bezeichnungen Gericht Kerpen bzw. Depositum Pfarrarchiv St. Martinus, Gericht Kerpen im Stadtarchiv Kerpen, Stiftsstraße 8, 50171 Kerpen. Der bei der Stadt Kerpen überlieferte Teil wurde 1969 von Dr. Eymelt ausführlich erschlossen, 1981 wurde der das 17. Jhd. betreffende Teil veröffentlicht (s.o.: Eymelt/Krings). Das Depositum des Pfarrarchivs befindet sich in Arbeit. Während die meisten Orte in Kerpens unmittelbarer Nachbarschaft, die seit dem 1975 in Kraft getretenen Köln-Gesetz Bestandteil der neugegliederten Stadt Kerpen sind, bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation zu den rheinischen Großmächten, dem Herzogtum Jülich-Berg und dem Kurfürstentum Köln gehörten, wurde Kerpen mit Mödrath und Langenich als eigenständige Herrschaft seit dem 13. Jhd. von auswärtigen Mächten regiert: zunächst von den Brabantern, dann von den Burgundern und schließlich von den Habsburgern. Bei der 1522 erfolgten Teilung des Habsburgerreichs kam Kerpen für 200 Jahre unter spanische Herrschaft, um danach von 1712 bis zum Einmarsch der französischen Revolutionstruppen 1794 als Reichsgrafschaft unter den Grafen von Schaesberg unmittelbar dem Kaiser unterstellt zu werden. Der Wiener Kongreß sprach das Rheinland bekanntlich Preußen zu, Kerpen wurde Bürgermeisterei im neugegründeten Kreis Bergheim. Als 1946 Preußen durch die Alliierten aufgelöst wurde, wurden aus dem Nordteil der alten Rheinprovinz und der Provinz Westfalen das neue Bundesland Nordrhein-Westfalen geschaffen, zu dem Kerpen nunmehr seit 50 Jahren gehört. Nach dem ältesten bekannten Kerpener Schöffensiegel von 1306 muß es in Kerpen spätestens seit diesem Zeitpunkt ein Schöffengericht gegeben haben. Die Überlieferung der Gerichtsakten im Stadtarchiv setzt allerdings erst später ein. Früheste Stücke stammen aus dem 16. Jhd., von einer kontiniuierlichen Überlieferung kann aber erst seit der zweiten Hälfte des 17. Jhds. gesprochen werden. Vorsteher des Gerichts war der Schultheiß. Während die Besetzung dieser Stelle im Regelfall dem Landesherren vorbehalten war, weiß man nicht genau, wer die Stelle des nicht minder wichtigen Gerichtsschreibers besetzen durfte. Neben diesen beiden Personen gab es eine gewisse Anzahl Schöffen. Auch wenn es in Kerpen neun sog. Schöffenlehen gab, blieb die Zahl der Schöffen nicht konstant. Mit Sicherheit kann jedoch gesagt werden, daß alle genannten Personen angesehene Mitbürger gewesen sein müssen. Am Kerpener Schöffengericht wurden im Regelfall keine schwerwiegenden Strafsachen verhandelt. Die Verhandlung über eine Kindestötung ist hier die Ausnahme, eigentlich handelte es sich zumeist um Erb-, Pacht- und sonstige Streitereien materieller Art sowie um Verstöße gegen die öffentliche Ordnung. So teilte der Gerichtsbote 1692 mit, daß die Moral der Kerpener offensichtlich zu wünschen übrig ließ: man erging sich in saufen, balgen, schlagen, schelten, huren und frönte in den Wirtshäusern bis tief in die Nacht dem Kartenspiel (Gericht Kerpen, Nr. 108). Bei der hier veröffentlichten Akte bezüglich der Klage der Witwe Christina Krummen gegen die Witwe Catharina Schloemers (18.11.1664-13.04.1666) handelt es sich um eine Forderung materieller Art, die sich in erster Linie deshalb so lange hinzog, weil die Beklage schließlich wegen der Nichtachtung gerichtlicher Termine und Vorladungen beschuldigt wurde.